Bloss jetzt der Demokratiebewegung nicht in den Rücken fallen!
„Ausländische Reisende sollen Burma weiterhin nicht besuchen, bis sich die Menschenrechtssituation im Lande entscheidend verbessert hat.“ Das ist die klare Stellungnahme von Than Htun, dem Direktor des „Burma-UN-Service-Office“ in New York, der wichtigsten Stelle der demokratischen Kräfte Burmas im Exil. Nach wie vor, erklärt Than Htun, unterstützten ausländische Reisende ganz direkt das Regime von Rangoon, das seit über zehn Jahren die Macht im Lande usurpiert und weltweit an der Spitze der schwarzen Liste der Länder mit den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen rangiert. Mit dem obligatorischen Geldwechsel verschaffe jeder Reisende den Militärs begehrte US Dollar; Zwangsarbeit sei weiter an der Tagesordnung beim Bau von Infrastrukturen wie Strassen, Bahnlinien und Flughäfen, die von den Reisenden genutzt würden. Und die sogenannt privatisierten Hotels seien oft Joint-Ventures mit Einheimischen, welche die millionenschweren Investitionen ins Tourismusgewerbe dazu nutzten, ihre schmutzigen Gelder aus dem Drogenhandel zu waschen.
In der Schweiz wird zur Zeit heiss darüber diskutiert, ob man mit Burma Wirtschaftsbeziehungen unterhalten bzw. ob man nach Burma reisen kann oder nicht. Anfangs Jahr brachten Recherchen der „Erklärung von Bern“ (EvB) und der „Clean Clothes Campaign“ (CCC) zutage, dass die Schweizer Firma Triumph in Burma Unterwäsche produziert, dies nachweislich in enger Zusammenarbeit mit dem Militärregime.* Mitte März richtete sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) mit einem Schreiben an Schweizer Wirtschaftsunternehmen – insbesondere in der Reisebranche – mit der Aufforderung, ihre Beziehungen zu Burma zu überprüfen und keine Aktivitäten zu betreiben, die zu den Menschenrechtsverletzungen in Burma beitragen. Hintergrund dieser Initiativen ist die Resolution der Jahreskonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die im Juni 2000 die härtesten Sanktionen ihrer Geschichte gegen die Militärdiktatur erlassen und im vergangenen Herbst in Kraft gesetzt hat (vgl. akte-Kuna 3/2000, 1/2001). Das hat offenbar einiges in Bewegung gebracht, auf internationaler Ebene wie auch im Lande selbst: Seit einigen Monaten haben die Generäle von Rangoon die Gespräche mit Aung San Suu Kyi, der Friedensnobelpreisträgerin und Leaderin der Demokratiebewegung Burmas, wieder aufgenommen. Was verhandelt wird, bleibt bislang geheim; Stellenwert und Perspektiven der Verhandlungen sind ungewiss. Doch sind sich ausgewiesene Beobachter der Lage in Burma sowie die im Exil lebenden Vertreter der demokratischen Kräfte Burmas darüber einig: Es gilt, Aung San Suu Kyi jetzt nicht in den Rücken zu fallen und diese hoffnungsvolle erste Öffnung nach Jahren politischer Verhärtung im Lande nicht willentlich zu unterlaufen.
Die burmesische Wirtschaft liegt nach Ansicht von asiatischen Fachleuten völlig darnieder; die einheimische Währung ist im Februar 2001 gegenüber dem Dollar nochmals kräftig abgesackt. Doch stehen ausländische Investoren bereits in den Startlöchern, um in diesem weitgehend unerschlossenen, von Jahren der Militärdiktatur ruinierten Land ihre Geldanlagen so günstig wie noch nie einzubringen. Keiner will zu spät kommen, wenn sich mit dem neuen Dialog eine Stabilisierung anbahnen sollte. Gewinne winken, das ist sicher, auch für Schweizer Unterwäschehersteller und Reiseverkäufer. Die Situation ist brisant, denn mehr denn je zeigt sich jetzt, wer mit seinen Beteuerungen um die Einhaltung der Menschenrechte ernst macht und die Demokratiebewegung Burmas unterstützt, und wer die Militärs wie bisher stärkt – vielleicht weil man ohnehin lieber mit den Militärs arbeitet. /plus

* Demnächst erscheint eine Broschüre über die Tätigkeiten von Triumph in Burma und auf den Philippinen; Informationen bei der «Erklärung von Bern“ Zürich, , Tel +41 1 277 70 00, e-mail: campaign@evb.ch

Schweizer Reisebranche will nicht auf Burma verzichten
Keine Zustimmung fand der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) mit seiner Aufforderung zum Rückzug aus Burma bei den Reiseveranstaltern. In einem Brief an rund 20 Schweizer Touroperators, die Reisen nach Burma im Angebot führen, erläutert der SGB anhand konkreter Beispiele, wie die Tourismusbranche mitverantwortlich ist für die Zwangsarbeit in Burma. Seine Initiative stellt der SGB in den Zusammenhang mit der Kampagne des Internationalen Bundes freier Gewerkschaften (IBFG) und der Resolution der ILO. Doch die Schweizer Veranstalter wollen laut einer Umfrage der Presseagentur AP nicht auf die Aufforderung des SGB eintreten. Die Reisenden müssten selber entscheiden, wo sie ihre Ferien verbringen wollten, lautet etwas stereotyp die Begründung der befragten UnternehmenssprecherInnen. Doch scheint der ungewöhnliche Schritt seitens des Gewerkschaftsbundes bei einigen Reiseveranstaltern auch Diskussionen und Informationsbedürfnisse ausgelöst zu haben, wie das akte-Team entsprechenden Anfragen entnehmen konnte. Das Reisen nach Burma wirft heikle ethische Fragen auf und bleibt umstritten, solange das Militärregime die Menschen im Lande so brutal unterdrückt. Klare Konsequenzen ziehen offenbar nicht wenige Schweizer Reisende aus ihren Informationen zu Burma: Letzten verlässlichen Zahlen zufolge haben 1999 nur gerade rund 2’500 SchweizerInnen Burma bereist, was einen massiven Rückgang gegenüber den Vorjahren bedeutet. /plus

Burma geht uns alle an!
Das geben die Tausenden von BesucherInnen zum Ausdruck, die im April 2001 die Ausstellung „Des larmes… aux sourires. Voyage au coeur de la Birmanie“ im Centre commercial Balexert in Genf angeschaut haben. Die in Genf beheimatete „Association Suisse-Birmanie“ hat das Experiment gewagt, mitten in einem gut frequentierten Einkaufszentrum eine eindrückliche Ausstellung über Burma – seine kulturellen und landschaftlichen Schönheiten, aber auch die erschreckende Realität der tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen – zu zeigen. Wie leicht hätte dies das Publikum abschrecken können. Doch im Gegenteil verlangten Hunderte von interessierten BesucherInnen mehr Hintergrundinformation zu Burma und führten lange Gespräche mit der Standpräsenz; unzählige Leute kamen explizit wegen der Ausstellung ins Einkaufszentrum. Die Lage der Bevölkerung in Burma lässt nicht kalt! Das zeigt auch der Rücklauf der Petition gegen die Zwangsarbeit in Burma, die anfangs 2001 lanciert worden war (vgl. Beilage zu akte-Kuna 1/2001): Innert weniger als vier Monaten haben rund 12’000 Menschen die Petition unterschrieben und sich damit engagiert, aktiv auf die Abschaffung der Zwangsarbeit in Burma hinzuwirken, zum Beispiel mit dem jetzigen Verzicht auf eine Reise. Das stolze Paket der 12’000 Unterschriften konnte am 19. April 2001 der Hochkommissarin für Menschenrechte –Mary Robinson – im Palais Wilson in Genf feierlich übergeben werden. /plus

Quellen: Informationen der „Erklärung von Bern“ und des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), eigene Recherchen anlässlich der Menschenrechtskonferenz in Genf, April 2001