Ein Vorschlag der salvadorianischen Regierung, entlang der Küstenlinie Tourismusprojekte zu verwirklichen, bedroht die Mangrovenwälder und die lokalen Gemeinschaften, warnen CESTA/Friends of the Earth El Salvador*, sowie Organisationen und Gemeinschaften der Zivilbevölkerung von Bajo Lempa in El Salvador.
Der von der salvadorianischen Regierung zurzeit debattierte schickssalsschwere Vorschlag ist Teil eines 277 US-Dollar schweren Hilfsprogramms der Vereinigten Staaten. Dessen Unterzeichnung ist für den September dieses Jahres vorgesehen.

Mangroven schützen vor Erosion und filtern das Wasser

Friends of the Earth International hat am Weltumwelttag vom 5. Juni ein Zeugenvideo online gestellt. Es zeigt, dass die Mangrovenwälder wie jener von La Tirana an der Küste El Salvadors eine wichtige Rolle in einem komplexen Ökosystem einnehmen, da sie die Küsten vor Erosion schützen und das Küstenwasser filtern.
Die Gemeinschaften, die in und um die Mangrovenwälder herum leben, sind von dieser natürlichen Ressource für ihren Lebensunterhalt abhängig. Sie sorgen für die Artenvielfalt in diesem fragilen natürlichen Gleichgewicht.
"Sollten Tourismusprojekte in den Schutzgebieten realisiert werden, wie es von der Regierung im Rahmen des US Millennium Challenge Fund – Fomilenio Hilfsprogramm erwartet wird, wären die Mangrovenwälder und die Menschen, die vom fragilen Ökosystem der Küsten abhängig sind, in gravierender Weise betroffen", warnt Ricardo Navarro, Direktor von CESTA/Friends of the Earth El Salvador, und weiter: "Die von Fomilenio finanzierten Strandtourismusprojekte würden bäuerliche Gemeinschaften heimatlos machen, die seit jeher dort wohnen. Denn viele der Betroffenen haben keine Rechtstitel für ihr Land."
Die Millennium Challenge Corporation (MCC), eine Agentur der US-Regierung, die Fomilenio fördert, wählte El Salvador im Dezember 2011 für die Unterstützung mit einem nicht rückzahlbaren Hilfspaket von 277 Millionen US-Dollar für die Entwicklung des Küstenstreifens. Wenn die MCC das vom Staat vorgelegte Projekt begutachtet hat, wird die Regierung den Vorschlag gegen Ende 2013 genehmigen. Der Handel muss bis zum 15. März 2014 genehmigt und unterzeichnet werden, es könnte aber auch schon im September 2013 soweit sein.

Lokalbevölkerung schützt den Artenreichtum

Bajo Lempa ist während der Regenzeit von Fluten betroffen, die Todesopfer und Ernteverluste nach sich ziehen. Die Region grenzt an die natürliche Jiquilisco Bucht, wo verschiedene lokale Organisationen wichtige Umwelt- und Sozialprojekte für den Schutz der Mangroven und der darin lebenden Arten realisieren.
Die Jiquilisco Bucht und der Jaltepeque Mündungsarm sind der wichtigste ökologische Korridor des Landes. Dieser erstreckt sich über eine Fläche von 112’454 Hektaren. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit und als Nistplatz vieler gefährdeter Arten wurden die Bucht und der Mündungsarm vom Ramsar-Übereinkommen über Feuchtgebiete zu einem Schutzgebiet von internationaler Bedeutung erklärt. Die UNESCO erklärte die Bucht 2007 ausserdem zu einer Biosphäre und schätzte, das von den nur noch 300 zwischen Mexiko und Peru existierenden Cary-Schildkröten fast 50 Prozent auf diesem 37 Kilometer langen Küstenstreifen leben.
Die Regierung hat bislang 72 Projekteingaben im Wert von 575 Millionen US-Dollar von privaten Investoren aus den Bereichen Internationale Dienste, Agrobusiness und Tourismus erhalten. Die Investoren verlangen aber als Vorbedingung für die angekündigten Einlagen, dass die Regierung die für die Realisierung der Projekte nötigen Infrastrukturen erstellt.

Angst vor Vertreibung Verschmutzung und Verschandelung

Die Organisationen und Gemeinschaften der Zivilgesellschaft von Bajo Lempa glauben, das zweite Paket von Fomilenio führe zu einer wachsenden Schädigung und Verschmutzung des küstennahen Ökosystems des Landes und zur Vertreibung bäuerlicher Gemeinschaften, die traditionell in diesen Gebieten leben. Sie werfen Fomilenio vor, beim zweiten Paket Projektvorschläge, welche die Gemeinschaften von Bajo Lempa seit Jahren vorbringen – wie Schutzmauern, Abwassersysteme und ein verbessertes Strassensystem, nicht in Erwägung zu ziehen. Das zeige, dass die Lokalbevölkerung nicht konsultiert wurde.
*Friends of the Earth ist ein Zusammenschluss von Umweltorganisationen in 76 Ländern. In jedem Land kann nur eine Umweltorganisation Mitglied werden. In El Salvador ist es das Zentrum für angepasste Technologie CESTA (Centro Salvadoreño de Tecnología Apropiada).


Millenniums Challenge Corporation und Fomilenio

Die USA und El Salvador unterzeichneten 2007 den ersten Fomilenio, ein Hilfspaket von 461 Millionen US-Dollar zum Bau einer Autobahn und für weitere Projekte im Norden des Landes. Sollte der zweite Fomilenio genehmigt werden, so würden 413 Millionen US-Dollar für die Erstellung von Infrastrukturen entlang der Küstenregion El Salvadors bezahlt werden. Ein Ziel des Fomilenio ist der Bau einer Brücke, der die Häfen der Pazifikküste mit denen der zentralamerikanischen Karibik verbindet und damit den Handel zwischen Asien, den USA und Europa vereinfacht. Die neue Autobahn namens "carretera Longitudinal del Norte", die aus dem ersten Hilfspaket bezahlt wurde, verbindet den Hafen Cutuco de la Union mit Puerto Barrios in Guatemala.
Mit den Geldern aus dem zweiten Hilfspaket soll die Autobahn entlang der Küste El Salvadors verbessert werden, um so die Häfen miteinander zu verbinden. Es sollen zudem neue Wirtschaftssektoren wie der Tourismus entwickelt werden. Die Millenniums Challenge Corporation wurde 2004 vom Kongress der Vereinigten Staaten gegründet, um ärmeren Ländern zu helfen, die Armut zu überwinden. Bis anhin wurden 8.4 Milliarden US-Dollar Hilfsgelder für verschiedene Länder gesprochen.