Ich beschäftige mich seit 38 Jahren mit Madagaskar und seit 31 Jahren lebe ich im Westen des Landes, in Morondava. Bevor ich für Fastenopfer als Koordinator begann, habe ich mit Intercoopération Suisse zusammengearbeitet, einer Organisation, die in der Rettung von Wald und Umwelt aktiv ist.

Meine Liebe zur "grossen Insel" begann jedoch schon viel früher, während meiner Studienzeit, als ich noch als Assistent an der anthropologischen Fakultät in Bern tätig war. In Zusammenarbeit mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit habe ich damals erste Reisen ins Land machen können. Als Koordinator für Fastenopfer reiste ich dann während gut 15 Jahren sehr viel im Land  herum und bekam dadurch die Möglichkeit, die madagassische Sprache zu lernen und Kultur und Tradition besser zu verstehen. Das erlaubt es mir heute, mit den Menschen einfach in Kontakt zu treten. Mittlerweile kenne ich die unterschiedlichsten Dialekte, und spreche Sakalava, die Sprache, die im Westen gesprochen wird. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig hier Integration und Gastfreundschaft sind, gerade in der Region Menabé, im Westen der Insel, wo ich jetzt lebe.

Ich habe die Sajoa ausgewählt, ein Gefäss in Form einer Amphore, aus Kupfer. Sie erzählt die historische, soziale und kulturelle Geschichte des madagassischen Volkes und seiner Vorfahren. Ich selbst besitze mindestens zehn dieser Gefässe, einige von ihnen einfach zur Dekoration. Vor 200 Jahren aber wurde die Sajoa für den Transport und die Aufbewahrung von Wasser genutzt. Um damals Wasser zu finden, das die Menschen zum Trinken, Kochen und Waschen brauchten, mussten sie viele Kilometer zu Fuss gehen.

Viele Geschichten, ein Gefäss

Ursprünglich kommt dieses Gefäss aus Indien, ist über das Meer an die Westküste gelangt und hat sich gleich einen wichtigen Platz im täglichen Leben der Bevölkerung gesichert. Es wurde auch gerne dazu genutzt, schnell verderbliche Lebensmittel wie Milch oder Honig sicher aufzubewahren. Früher wurden auch Gefässe aus Ton und Holz gefertigt, die zur Dekoration von Gräbern genutzt wurden. Da es sich um Objekte von Wert handelte, wurde ein Trick angewendet, um zu verhindern, dass sie gestohlen wurden. Am Grund der Sajoa wurde ein kleines Loch gebohrt, denn das machte sie unbrauchbar und deshalb für Diebe wertlos. Die Sajoa hat für mich mehrere Bedeutungen. Sie ist ein Objekt, das von weit her gekommen ist, aber genau gleich wie Menschen, die von anderen Inseln nach Madagaskar gekommen sind, wurden sie freundlich in die Gesellschaft aufgenommen. Der Westen der Insel ist seit jeher eine Region, die eine starke Einwanderung kennt. Die Sajoa erinnert zudem daran, wie kostbar und lebensnotwendig das Element Wasser für die Menschen ist, aber auch an die damit verbundene Anstrengung, die unternommen werden muss, um es zu bekommen. Und nicht zuletzt erinnert sie an die starke spirituelle Verbindung, die die Madagassen mit ihren Verstorbenen pflegen.