Schlendert man vom historischen «Städtli» in Murten den Hang hinunter zum Murtensee, fällt man direkt in den «Minigolf Murten». Eine Institution seit mindestens 30 Jahren, direkt am See. Die Besitzerin Margot Hänni hat ein Gesicht voller wunderbarer Sommersprossen und ihre grünen Augen schauen schelmisch daraus hervor. Wenn man sie fragt, wie es bei ihr so mit dem Personal läuft, sagt sie:  «Die Wertschätzung eines Berufes geht verloren. Noch vor 20 Jahren interessierten sich die Studierenden für einen Ferienjob in Saison-Betrieben, doch heute pushen die Lehrpersonen ihre Schüler*innen zum Studieren und die Eltern finanzieren auch noch die Freizeit. Aber: Das Trinkgeld, ein Merci und ein Lächeln gibt es nicht vom Computer.», funkelt die gelernte Servicefachkraft die Autorin an.

Ein bisschen weiter östlich fährt man am verlängerten Wochenende mangels See in ein Schwimmbad, weil der Sohn das Wasser so liebt. Zuerst ist Freude angesagt, weil der Eintritt kostenlos ist. «Der Grund dafür ist dann doch weniger erfreulich: es wird kein Bademeister mehr gefunden. Den freien Zutritt geniesse ich als Reisende also nur so lange, wie mein Zweijähriger nicht unbemerkt Richtung Wasser flitzt.» , meint Vera Thaler, 31 aus Innsbruck über ihren Kurztrip nach Osttirol.  

Immernoch östlich, aber sehr viel nördlicher, am Ende von Deutschland an der Ostsee kämpft Susanne Kipp mit dem Hunger. Beim Wandern, beim Radeln. «Und am gravierendsten ist es, dass das Essen nicht gekocht, sondern vorproduziert gekauft wird. Das macht keinen Spass eine Region zu bereisen, in der das höchste der Gefühle ein kaltes Heringbrötchen ist. Nirgends ein einheimischer Fisch mit Kartoffeln. Alles nur frittiert und Pommes dazu. Obwohl das Meer in Sichtweite ist!» 

Unsere Reise führt zurück in die Schweiz, genau in die Mitte, nach Luzern: «Eine Freundin von mir hatte angenehm eigenmächtig in einem Restaurant der grossen Hotels am Quai, einen Tisch für uns reserviert. Und ich war mir nicht mehr ganz sicher, in welchem Hotel eben dieses Restaurant ist und ging also auf die Homepage des Restaurants und kam neben der Speisekarte auf die vielen Stellenausschreibungen, wo meine Zweifel wuchsen, dass ich da jemals etwas zu essen bekommen würde oder es allenfalls gekocht würde, aber niemand bringt es mir.» , schreibt Stephanie Senn aus Luzern. Das stimmt nachdenklich.  

Und was sagt die Gastronomie dazu, dass da so viele Dienstleistungen wegbrechen?  

«Ich denke eine gewisse Flexibilität muss man haben. Aber das ist natürlich schwierig, wenn du Öffnungszeiten hast. Man kann ja nicht einfach nur Gleitzeit anbieten und jede*r kann kommen und gehen, wann er oder sie möchte. Das ist natürlich eine Sache von Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Freizeit.» , so Albrecht Butler-Fink, Küchenchef des Eugen´s Bio Café und Restaurant in Konstanz. Auf die Frage, ob es im Bio-Segment nicht einfacher wäre Leute zu finden, weil die Gäste eventuell bereit wären, mehr für das Essen auszugeben, winkt er ab: «Aber so ganz ist die Bereitschaft der Gäste nicht da. Bio ist kein reiner Luxussektor. Wenn man einen Schmuckladen hat, dann hat man ein reiches Publikum, was wirklich bereit ist jeden Preis zu bezahlen. Ich glaube das ist im Lebensmittelbereich und in der Biobranche nicht unbedingt so. Weil auch viele junge Leute, Studierende und so weiter zu uns kommen, da merkt man schon, dass der Preis nicht nach oben offen sein kann.» 

Fassen wir zusammen: Es fehlt an allen Ecken und Enden am Personal. Die einen meinen dies sei dadurch zu begründen, dass junge Menschen lieber studieren als mit den Händen zu arbeiten, dass die Arbeits- und Ruhezeiten nicht dem Zeitgeist entsprechen, zu wenig Lohn winkt und man sich dann auch noch das «Feedback» von so manchem Gast antun muss. Auf der anderen Seite scheinen die Gäste durchaus die vielen Dienstleistungen zu schätzen, die früher selbstverständlich waren, wie den/die Bademeister*in, die Servicekraft oder eine Köchin oder einen Koch, der bodenständige Hausmannskost zaubert. Und wie lösen wir das Problemchen?  

Vielleicht indem wir als Gesellschaft darauf achten Menschen in Dienstleistungsberufen wieder wahrzunehmen, ihre Arbeit wert zu schätzen, diese mit Trinkgeld und einem Lächeln zu belohnen. Dass wir, auch hier in unserem Land, einen korrekten Preis für aufwendig hergestellte Gerichte bezahlen und dafür einfach einmal im Monat weniger essen gehen. Dass wir unseren Kindern und Enkel*innen beibringen, wie schön es ist von Menschen bedient zu werden, denen ihr Beruf Freude macht und sie lehren, dass das durchaus wunderbare Berufsaussichten sind.  

Denn wenn wir das schaffen, haben auch wieder mehr Menschen Lust in diesen Berufen zu arbeiten. Und wenn ich noch meine persönliche Erfahrung teilen darf: während des Studiums habe ich auch regelmässig als Kellnerin gearbeitet. Ich fand es eine bereichernde Erfahrung: der Zusammenhalt im Team, den Spass den man hinter und vor der Theke hat, den Genuss ein handwerklich hergestelltes Essen zu geniessen und das Lästern über die Gäste bei einer Zigarettenpause. Durchaus menschlich diese Branche.

Margot Hänni, 61 Jahre, Murten, Besitzerin des Minigolf am See in Murten

«Gastronomie ein Traumjob: Noch vor 20 Jahren interessieren sich die Studenten für einen Ferienjob in Saison Betrieben. Die Lehrpersonen puschen ihre Schüler zum studieren und die Eltern finanzieren auch noch die Freizeit. Da ist der Wochenende- und Abendjob, nicht nur wegen der Bezahlung, weit in den Hintergrund gerutscht. Die Jungen, innovativen, trendigen Lokale finden keine Mitarbeiter mehr, obwohl in einem jungen Team jeder gleich zupackt. Wertschätzung eines Berufes geht verloren. Doch Freundlichkeit zahlt sich aus. Das Trinkgeld, ein Merci und ein Lächeln gibt es nicht vom Computer. Vielleicht zu positiv. Ich bin ein Gastro Kind mit Leib und Seele. Auch wenn’s manchmal ein scheiss Job ist. Aber wo nicht.» 

Susanne Kipp, 59 Jahre, Tennenbronn, Schwarzwald, Deutschland, Unternehmerin

«Urlaub an der Ostseeküste in Rerik: Eingeschränkte Öffnungszeiten beim Bäcker, in der Gaststätte, am Kiosk.

Personalmangel führt dazu, dass reserviert werden muss um Essen zu gehen oder man Radausflüge macht und nirgends was zu finden ist, wo offen hat. 

Und am gravierendsten ist es, dass das Essen nicht gekocht, sondern vorproduziert gekauft wird. Das macht keinen Spaß eine Region zu bereisen, in der das höchste der Gefühle ein kaltes Heringbrötchen ist. Nirgends ein einheimischer Fisch mit Kartoffeln. Alles nur frittiert und Pommes dazu. Obwohl das Meer in Sichtweite ist.»  

Vera Thaler, 31 Jahre, Innsbruck, Verantwortliche Tourismus und Nachhaltigkeit fairunterwegs

«Ein verlängertes Wochenende am Campingplatz mit Seezugang in Osttirol: Im ersten Moment freuen wir uns über den kostenlosen Eintritt ins Schwimmbad. Der Grund dafür ist dann doch weniger erfreulich: es wird kein Bademeister mehr gefunden. Den freien Zutritt geniesse ich als Reisende also nur so lange, wie mein Zweijähriger nicht unbemerkt Richtung Wasser flitzt.  

Kurze Zeit später, ein Kurzurlaub in einer Ferienwohnung in Nordtirol: Wir sind hungrig, und wollen zu Fuss Essen gehen. Doch unsere Gastgeberin kann uns ausschliesslich Restaurant-Empfehlungen geben, für die wir extra ins Auto steigen müssen. Was anderes bleibt uns aber nicht übrig, in der Umgebung wird in den Gasthäusern nur noch Tiefkühlkost serviert, weil Köch*innen gibt es kaum mehr.» 

Stephanie Senn, 57 Jahre, Luzern, Psychologin

«Eine Freundin von mir hatte angenehm eigenmächtig in einem Restaurant der grossen Hotels am Quai in Luzern, einen Tisch für uns reserviert. Und ich war mir nicht mehr ganz sicher, in welchem Hotel eben dieses Restaurant ist und ging also auf die Homepage des Restaurants und kam neben der Speisekarte auf die vielen Stellenausschreibungen, wo meine Zweifel wuchsen, dass ich da jemals etwas zu essen bekommen würde oder es allenfalls gekocht würde, aber niemand bringt es mir.  Dem war dann zum Glück nicht so.» 

Albrecht Butler-Fink, 49 Jahre, Konstanz, Küchenchef Biorestaurant Eugen’s

«Ich denke eine gewisse Flexibilität muss man haben. Aber das ist natürlich schwierig, wenn du Öffnungszeiten hast. Man kann ja nicht einfach nur Gleitzeit anbieten und jede*r kann kommen und gehen, wann er oder sie möchte. Das ist natürlich eine Sache von Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Freizeit.» , so Albrecht Butler-Fink, Küchenchef des Eugen´s Bio Café und Restaurant in Konstanz. Auf die Frage, ob es im Bio-Segment nicht einfacher wäre Leute zu finden, weil die Gäste eventuell bereit wären, mehr für das Essen auszugeben, winkt er ab: «Aber so ganz ist die Bereitschaft der Gäste nicht da. Bio ist kein reiner Luxussektor. Wenn man einen Schmuckladen hat, dann hat man ein reiches Publikum, was wirklich bereit ist jeden Preis zu bezahlen. Ich glaube das ist im Lebensmittelbereich und in der Biobranche nicht unbedingt so. Weil auch viele junge Leute, Studierende und so weiter zu uns kommen, da merkt man schon, dass der Preis nicht nach oben offen sein kann.»

Hier gehts zum  Interview mit Albrecht Butler-Fink. 

Über das Eugen´s Bio Café Restaurant

In unserem Café-Restaurant im Herzen der Konstanzer Altstadt bieten wir seit 2013 hochwertige BIO-Küche und feinste französische Patisserie. Nur zwei Jahre nach Eröffnung haben wir die Produktion unserer Patisserie ausgelagert und gingen mit unserer Bio Manufaktur. Patisserie (direkt gegenüber) an den Start. Dort können Sie die Köstlichkeiten vom Croissant bis zum Törtchen mit nach Hause nehmen.  
BIO-logisch ist für uns ein WERT-voller und WERT-schätzender Umgang mit Leben und Lebensmitteln. Dies möchten wir auch an unsere Gäste weitergeben – und zwar konsequent. Das hat uns veranlasst, unser Café.Restaurant, Manufaktur.Patisserie und unser Catering zertifizieren zu lassen.  Aufgewachsen am Bodensee, zur Ausbildung als Koch nach Hamburg, anschliessendes Studium der Internationalen Politik & Geschichte in Wales. Dort Küchenchef in einem Bio-Restaurant für 5 Jahre und Mitbegründer der Transition-Towns Initiative. Rückkehr an den Bodensee und dort seit 10 Jahren Küchenchef im Eugens. Interesse an Politik & Nachhaltigkeit, sowie Gärtnern, Hühnerhaltung & Fermentation.  

Susanne Kipp, 59, Tennenbronn, Schwarzwald, selbstständige Unternehmerin

Urlaub an der Ostseeküste in Rerik: 

Eingeschränkte Öffnungszeiten beim Bäcker, in der Gaststätte, am Kiosk. 

Personalmangel führt dazu, dass reserviert werden muss um Essen zu gehen oder man Radausflüge macht und nirgends was zu finden ist, wo offen hat. 

Und am gravierendsten ist es, dass das Essen nicht gekocht, sondern vorproduziert gekauft wird. Das macht keinen Spaß eine Region zu bereisen, in der das höchste der Gefühle ein kaltes Heringbrötchen ist. Nirgends ein einheimischer Fisch mit Kartoffeln. Alles nur frittiert und Pommes dazu. Obwohl das Meer in Sichtweite ist.  

Vera Thaler, 31 Jahre  

Innsbruck, Verantwortliche Tourismus und Nachhaltigkeit fairunterwegs 

Ein verlängertes Wochenende am Campingplatz mit Seezugang in Osttirol: Im ersten Moment freuen wir uns über den kostenlosen Eintritt ins Schwimmbad. Der Grund dafür ist dann doch weniger erfreulich: es wird kein Bademeister mehr gefunden. Den freien Zutritt geniesse ich als Reisende also nur so lange, wie mein Zweijähriger nicht unbemerkt Richtung Wasser flitzt.  

Kurze Zeit später, ein Kurzurlaub in einer Ferienwohnung in Nordtirol: Wir sind hungrig, und wollen zu Fuss Essen gehen. Doch unsere Gastgeberin kann uns ausschliesslich Restaurant-Empfehlungen geben, für die wir extra ins Auto steigen müssen. Was anderes bleibt uns aber nicht übrig, in der Umgebung wird in den Gasthäusern nur noch Tiefkühlkost serviert, weil Köch*innen gibt es kaum mehr.